Tonkino in Klagenfurt
„Nun hat sich die 'Kabine' des Filmtechnikers gründlich geändert ..“

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StadttheaterTONKINO Klagenfurter Zeitung, Nr. 131, 8. Juni 1930, Seite 622

Am Abend des 7. Juni 1930 war es soweit, in Klagenfurt zeigten sowohl das Stadttheaterkino, wie auch das Volkskino Tonfilme. Nach mehreren Versuchen - u.a. war eine transportable Tonfilm-Apparatur der Wiener Urania in Kärnten unterwegs - konnten nun auch die Klagenfurter das neue Medium Tonfilm genießen.
„Es wirkt wie ein Scherz, daß Töne photographiert werden können, und doch ist es so und nicht anders.“ Die Klagenfurter Zeitung berichtete über die „niederschmetternd komplizierten Meisterwerke der modernsten Technik“ und informierte über die Eröffnung im Stadttheatertonkino, wie auch im Volkskino. Das Prechtl-Kino konnte bis Jahresende 1930 mit keiner Tonanlage aufwarten und versuchte die geschwundene Attraktivität mit der Wiedereröffnung des Weltpanoramas zu kompensieren.
. Wikipedia erklärt das Lichttonverfahren ausführlich.




Klagenfurter Zeitung  Volkskino St. Ruprecht.  Von Samstag, den 7., bis Donnerstag, den 12. Juni, täglich um ½ 7 und ½ 9 Uhr, an Sonn- und Feiertagen um 5, 7 und 9 Uhr, der erste Tonfilm: "Das Lied der Südsee". Filmromanze in neun Akten mit Ramon Navarro (Hauptdarsteller in „Ben Hur“). Herrliche Naturaufnahmen von den Südseeinseln. Wir hören zum erstenmal den beliebten Künstler, dessen schöner, inniger Gesang, untermalt von einer exotischen, stimmungsvollen Begleitmusik, dem Film einen besonderen Reiz verleihen. Nachdem beim Tonfilm ein pausenloses Vorführen geboten erscheint, wurde der Betrieb so hergerichtet, daß dies möglich ist. Die P.T. Besucher werden daher gebeten, auf das nebensitzende Publikum Rücksicht zu nehmen und den Beginn der Vorstellung genauestens einzuhalten. Preise der Plätze von 80 g bis 2 S 20 g. Begünstigungen ungültig.
Klagenfurter Zeitung, Nr. 130, 7. Juni 1930, Seite 613


 Tonfilm im Klagenfurter Stadttheater.  Auf seinem unerhörten Siegeszuge ist der Tonfilm auch an Klagenfurt nicht vorübergegangen. Wir sahen und hörten schon mehrere Versuche auf diesem Gebiete; den letzten vermittelte uns eine Probe - oder Belehrungstonfilmvorführung mit transportabler Apparatur der Wiener Urania vor nicht langer Zeit. Man konnte damals Äußerungen gemischter Gefühle über die Qualität des gebotenen Künstlerisch - Musikalischen vernehmen, aber vor der hohen technischen Errungenschaft des Tonfilms an sich, der für die Zukunft ungeahnte Verwendungsmöglichkeiten zuläßt und heute schon eine beachtliche Stufe an Vollendung erklommen hat, hielten sich alle skeptischen Einwände im Hintergrunde. Man hatte vielmehr das überwiegende Verlangen, nach den fragmentarischen Tonfilmproben baldigst auch größere, geschlossene Tonfilmwerke, wie sie in den großen Städten ungeteilte Bewunderung und Begeisterung ausgelöst haben, hierherzubekommen.

Dem Verlangen des Publikums hat mit Hilfe der Garantie der Stadt Klagenfurt die Theaterleitung Schwarz Folge gegeben und ihren Kinobetrieb auf Tonfilm eingestellt und entsprechend vollkommen neu eingerichtet. Es sei vorweg bemerkt, daß die neuen Apparate auch zur Vorführung der stummen, bisher gezeigten Filme bestimmt sind. Wer sich den bisherigen Kinobetrieb aus der Nähe besehen hat, mußte schon über die sinnreiche Einrichtung des alten „einfachen“ Apparates in Staunen geraten. Nun hat sich das Bild in der „Kabine“ des Filmtechnikers gründlich geändert und konnte bisher der Laie noch einigermaßen einen Begriff oder eine Vorstellung von der Wirkungsweise des Apparates für die stummen Filme gewinnen, so gelingt ihm dies nunmehr kaum mehr, wenn er vor den niederschmetternd komplizierten Meisterwerken der modernsten Technik steht, auch nicht bei kursorischen Erklärungen des die Einrichtung leitenden Fachmannes, der den Mechanismus der Wunderwerke bis in das kleinste beherrscht und dem der Apparat willig bei Betätigung kleiner Hebel, Schrauben oder Griffe gehorcht, daß es eine Freude ist. Eine genaue technische Erläuterung der Apparate für die Wiedergabe der Bilder und synchronen Töne würde zu weit führen und gehört in Fachzeitschriften, wenn sie verstanden sein will.

Im Wesen handelt es sich um zwei einander ergänzende Apparate gleicher Art mit je einer sinnreichen Einrichtung für die Projektion der lebenden Bilder auf die Filmwand und für die verstärkte Wiedergabe der zugehörigen, auf Bruchteile von Sekunden mit den Bildern des Filmbandes gleichzeitig ablaufenden Stimmen, Klänge und Töne. Es wirkt wie ein Scherz, daß Töne photographiert werden können, und doch ist es so und nicht anders. Daß hiebei Lichtunterbrechungen von bis zu 22.000 Schwingungen in der Sekunde photographisch festgehalten werden, und zwar zugleich mit der Bildaufnahme auf einem rechts am Filmbande befindlichen Streifen von drei Millimeter Breite, scheint die Sache schon einigermaßen plausibel zu machen. Bei der Filmabwicklung bei der Vorführung wird das Filmband an diesem Streifen mittels einer kleinen, sehr starken Lampe durchleuchtet; die durchfallenden Lichtstrahlen fallen, je nach der Hemmung intensiver oder schwächer, in Photozellen mit Kernen aus Kalinatrium-Amalgam, die ungemein lichtempfindlich sind.

Harald Knapitsch Ein Blick in die Kabine des Stadttheaterkinos im Jahre 1957. Filmvorführerlehrling Harald Knapitsch legt die Wochenschau ein.

Der Kern ist in Verbindung mit dem negativen Pol eines Stromkreises, ein ihn umgebender Ring mit dem positiven Pol. Fällt nun das wechselnd starke Licht auf den Kern, entstehen winzige Ströme von entsprechendem Wechsel in der Stärke, genau entsprechend der Schwingungsanzahl bei der Aufnahme.
Der Weg der Ströme führt über einige Verstärkeranlagen zu den eigens konstruierten Sprechanlagen bzw. Lautsprechermaschinen. Von den für das menschliche Ohr aufnehmbaren Schwingungszahlen zwischen 25 und 10.000 Hertz werden beim Telephon 60 bis 5000, beim Radio 60 bis 6000, beim Tonfilm jedoch am meisten, nämlich 30 bis 9000 Hertz nutzbar gemacht, was die vollkommen natürliche Klangwiedergabe zur Folge hat.
Die Einrichtung im Stadttheater steht unter der erfahrenen Leitung des Wiener Fachmannes und Kinoinhabers Langauer, der mit geschulten Leuten die Arbeiten durchführt. Die Apparate stammen von der rühmlichst bekannten Zeiß-Ikon-A.G. und stellen Wunderwerke der Präzision und einzig richtigen Tonwiedergabe dar, die alles in Klagenfurt bisher probeweise Gehörte weit in den Schatten stellen, so dass sich das Publikum zweifellos sehr bald mit der wertvollen Neuerung befreunden dürfte, zumal gerade das Klagenfurter Stadttheater über eine für den Zweck des Tonfilms glänzende Akustik verfügt. Samstag um halb 7 Uhr abends wird als erster programmmäßiger Tonfilm „Der singende Narr“ vorgeführt, ein Werk, das den Tonfilm erst recht in der ganzen Welt eingeführt hat.
Klagenfurter Zeitung, Nr. 131, 8. Juni 1930, Seite 618 - 619



Volkskino Ab Pfingsten 1930 konnten auch im Volkskino Tonfilme gezeigt werden.

 Tonfilm im Volkskino, St. Ruprecht.  Wenn es auch kein hundertprozentiger Tonfilm war, den man im Volkskino unter dem Titel „Das Lied der Südsee“ zu hören und zu sehen bekam, so hinterließ derselbe doch auf die zahlreichen Besucher den nachhaltigsten Eindruck. Unterlegt ist dem Stücke das romantische Schicksal eines Insulanermädchens, welches in den Händen eines weißen, skrupellosen Händlers dazu benützt wird einen reichen, jungen Einwohner einer Südseeinsel um sein Hab und Gut zu bringen, was auch teilweise gelingt; das Schicksal aber will es anders und läßt die beiden exotischen Liebenden nach vielen aufregenden Zwischenfällen sich finden, während der weiße Vampir, der sein habgieriges Tun unter dem Mäntelchen der Christenlehre verstecken will, ein verdientes Ende findet.

Im Sprechton wiedergegeben wurden nur die gesanglichen Stellen, während eine stimmungsvolle musikalische Begleitung das exotische Milieu unterstreicht. R. Navarro als phlegmatischer junger Insulaner entzückte sowohl durch seine Stimme als auch durch sein gewandtes Spiel und fand in seiner Partnerin gesanglich und darstellerisch einen reizenden Helfer gegen die Tücke des weißen Mannes. Besonders hervorzuheben PEZ-Reklame: Klagenfurter Zeitung, 12. 6. 1930, S. 628 wäre die reine Wiedergabe des melancholischen Liebesliedes der Südsee, welches das ganze Stück untermalte und eine eigenartig anmutende Stimmung hervorrief. Alles in allem genommen wird sich der Tonfilm bald das Publikum erobern und wir sehen mit Spannung dem Erscheinen deutscher Sprechfilme entgegen, die uns das gesprochene und gesungene Wort auch verstehen lassen werden. Da sich das Volkskino durch einen modernen Umbau auf den Tonfilm eingestellt hat, wird es in der Lage sein die hervorragendsten Werke einwandfrei wiederzugeben und sein Publikum in jeder Hinsicht zufriedenzustellen.
Klagenfurter Zeitung, Nr. 133, 12. Juni 1930, Seite 628


Kaiserpanorama So könnte das Weltpanorama Prechtl ausgesehen haben. Leider ist noch kein authentisches Foto gefunden worden.

 Weltpanorama Prechtl.  Das neben dem Prechtl-Kino wiedereröffnete, unter der gleichen Direktion stehende Weltpanorama bringt bis einschließlich Freitag die prachtvolle, plastisch klare Bilderserie „Korea und die Südmandschurei“. Besser als Worte und Lektüre vermitteln diese erstklassigen, neuesten Panoramabilder eine richtige Vorstellung der Eigenart von Landschaft und Völkern. Insbesondere den Schulen sei der Besuch des Bildungsinstitutes „Weltpanorama“ warm empfohlen. - Die nächste Bilderserie schildert die berühmte Nordpolexpedition Nansen-Andréc.
Klagenfurter Zeitung, Nr. 266, 19. November 1930, Seite 1266



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